17. August 2016

Segenstüten

Circa zwei- bis dreimal im Jahr treffen wir uns als MAF Mt Hagen Frauen für ein gemeinsames Frühstück und um danach sogenannte Medevac Care Bags für Patienten zu packen, die von ihrem Buschdorf in ein Krankenhaus evakuiert werden müssen. Diese Patienten besitzen meistens nur das, was sie am Leib tragen und können sich weder Seife noch ein Handtuch leisten um sich zu waschen. Letzte Woche Samstag habe ich mal wieder zu so einer Packaktion eingeladen, nachdem ich in den Wochen zuvor durch diverse Second Hand Läden gestöbert bin, um kleine Plüschtiere und Babydecken, Stoffwindeln und Strampler, Frauen T-Shirts und im normalen Geschäft noch Seife, Zahnbürsten und Zahnpasta sowie Toilettenpapier gekauft habe. Die anderen Frauen haben auch reichlich Sachen mitgebracht, so dass unser Esstisch die Sachen fast nicht fassen konnte.

 

Frühstücksbüffet im Glass-Haus im März diesen Jahres...

Frühstücksbüffet im Glass-Haus im März diesen Jahres…

... und danach wurden mit viel Spaß und Freude eine Menge Tüten gepackt.

… und danach wurden mit viel Spaß und Freude eine Menge Tüten gepackt.

Vergangenen Samstag haben wir 33 Tüten packen können, die meisten für Mütter und ihre neugeborenen Babies

Vergangenen Samstag haben wir 33 Tüten packen können, die meisten für Mütter und ihre neugeborenen Babies

 

Madeleine Bischoff, Frau von MAF Pilot Markus Bischoff und mit ihren vier Kindern in Rumginae, Western Province stationiert, berichtet wie sie zwei frisch gebackenen Müttern mit solch einer Medevac Tüte eine Freude bereiten konnte:

 

„Kürzlich hatte ich das Vorrecht gerade zwei solcher Tüten an Bedürftige zu verteilen.

Das erste Paket ging an Telebe, einer frisch gebackenen Mutter von Zwillingen – ihrem 8. und 9. Kind – und ihren Ehemann Tukane.

Die erneute Schwangerschaft seiner Frau machte Tukane Sorgen. Etwas schien nicht zu stimmen. So machte er sich mit seiner hochschwangeren Frau entschlossen auf den Weg durch den Dschungel ins mehrere Stunden entfernte Mogulu. Dort würde qualifiziertes Personal nach seiner Frau schauen können. Die Krankenschwestern in Mogulu diagnostizierten eine Zwillings-Schwangerschaft und Telebe und ihr Mann wurden mit dem nächsten verfügbaren MAF Flugzeug nach Rumginae gebracht, wo im Notfall auch eine ärztliche Versorgung möglich war.

Und die Ärztin wurde dann auch gebraucht! Telebe erlitt schwere Geburtskomplikationen, darunter einen massiven Blutverlust. Außerdem musste das Bübchen reanimiert werden, da es nicht selber atmen wollte. Wäre Telebe in ihrem Buschdorf geblieben, hätten sie und das Baby nicht überlebt.

Das ist leider trauriger Alltag in Papua Neuguinea, wo eine Geburt immer noch viel zu häufig das Todesurteil für Frau und Kind bedeutet.

Telebe mit ihren neugeborenen Zwillingen

Telebe mit ihren neugeborenen Zwillingen

Die Geburt in Rumginae nahm jedoch ein glückliches Ende. Telebe erholte sich zwar langsam aber kontinuierlich. Einen Namen hatte sie für die Zwillinge – ein kleines Mädchen und ein Junge – jedoch noch nicht. Das ist normal in Telebes Familie bzw. Dorf und ebenso typisch für viele Gegenden in Papua Neuguinea. In Telebes Dorf wird mit der Namensgebung gewartet, bis die Kinder Zähne bekommen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass die Kinder überleben.

In unserer Gegend wird der medizinische Evakuierungsflug (kurz Medevac) gewöhnlich vom Auftrag gebenden Gesundheitsposten bezahlt. Für die Kosten der Rückreise müssen Patienten und Begleitpersonen jedoch selber aufkommen.

Deshalb erschien Tukane eines Morgens bei uns und fragte nach Arbeit. Seine Überlegungen dahinter waren aus seiner kulturellen Perspektive nachvollziehbar: „Frage direkt beim Piloten nach Arbeit. Schliesslich gehört ihm das Flugzeug und durch gute Beziehungen kommt man schließlich in Papua Neuguinea am weitesten!“

Wir gaben ihm Arbeit und so lernte ich ein paar Tage später auch Telebe und die Zwillinge kennen. Sofort wusste ich, dass sie eine Kandidatin für eine Medevac Tüte sein würde. Ich ergänzte sie noch mit ein paar gebrauchten T-shirts, die eine unserer Praktikantinnen zurückgelassen hatte. Und nachdem meine Nachbarin auch noch ein paar Babysachen beigesteuert hatte, konnte ich dem Ehepaar eine großzügig gepackte Tüte überreichen.

Serahs Baby schläft friedlich im Bilum

Serahs Baby schläft friedlich im Bilum

Die zweite Tüte ging an Serah, die ein paar Tage zuvor ein kleines Mädchen geboren hatte. Auch dieses Baby hat noch keinen Namen. Serah und ihre Familie, Ehemann Siobo und Tochter Franzi (3 ½ Jahre), stammen aus Honanabi.

Bereits die Geburt von Franzi war schwierig gewesen und die Frauen im Dorf, die die Geburt damals begleitet hatten, sorgten sich, dass Serah eine weitere Geburt nicht überleben würde. Aus diesem Grund ergriff die Familie bei dieser zweiten Schwangerschaft die Gelegenheit und kam mit einem Charterflug, der Reis nach Honanabi gebracht hatte, nach Kiunga. Von hier aus war es nur noch eine ¾-stündige Fahrt im öffentlichen Bus nach Rumginae.

Auch in diesem Fall erwies sich die Entscheidung, zur Geburt ins Krankenhaus nach Rumginae zu kommen, als Lebensretter. Nach einer sehr schweren Steißgeburt musste das kleine Mädchen reanimiert werden, was unserer neuseeländischen Ärztin erfolgreich gelang. Mutter und Baby haben sich mittlerweile gut erholt.

Eine glückliche Familie

Eine glückliche Familie

Auch Serah hatte nur die Kleider bei sich, die sie am Leib trug. Meine SIL Nachbarin schenkte ihr eine Meriblaus (das von Frauen in PNG typischerweise getragen Oberteil) und ich konnte noch einen Rock beisteuern. Und auch ihre Medevac Tüte konnte ich noch mit einigen getragenen T-Shirts und Babykleidchen ergänzen, was von der Familie sehr geschätzt wurde.

 

 

Wir als MAF Frauen haben Freude daran, diese Medevac Tüten zu packen, und um so mehr wenn wir sehen, wie sie von den Patienten, die unsere Piloten aus den Buschdörfern evakuieren, dankbar entgegen genommen und geschätzt werden. Diese sogenannten Medevac Care Bags sind einfach noch eine weitere Art, mit der wir als MAF-Mitarbeiter Gottes Liebe and Fürsorge den bedürftigen und kranken Menschen weitergeben, seien es Mütter und ihre neugeborenen Babies, Männer, Frauen oder Kinder.

 

 


Wolfgang Hagen am 18. August 2016 um 07:45 Uhr

Jedes Mal wenn ich lese, was ihr Pilotenfrauen neben euren Männern so an Kreativität entwickelt, dann kommen mir immer wieder die Freudentränen. Ihr seid echte „Goldnuggets“ in dieser Welt und euer Dienst ist absolut unbezahlbar.


Gertrud Rumpf, Stelle am 30. August 2016 um 11:25 Uhr

Es ist wunderbar, was ihr dort alles für die Menschen tut. Wie viel Kreativität ihr entwickelt, um den Menschen mit den Dingen weiter zu helfen, die sie wirklich brauchen. Wie schön ist das zu lesen! Danke für eure Berichte und für euer Engagement für Menschen. Ich wünsche euch, dass Gottes Segen euch auf allen Wegen behütet und dass Er euch Gesundheit schenkt.


Sven de Vries am 30. August 2016 um 13:53 Uhr

Hi Ihr beiden, Glückwunsch zur TwinOtter-Lizenz Mathias und Dir liebe Mandy zu Deinen vielfältigen Begabungen und der Bereitschaft, diese auch einzusetzen. Wolfgang hat das oben ja schon goldrichtig beschrieben!!
Danke Euch beiden für Euren Dienst.
Seid weiterhin bewahrt und auf Euren Wegen/Flügen gesegnet.
Cool, die Weiterleitung auf diese Homepage. Ist mir bisher nicht aufgefallen.
Herzliche Grüße und bis bald, Sven


Sabine Bock am 5. September 2016 um 16:23 Uhr

Es ist immer wieder faszinierend zu lesen wie viel Euer Einsatz dort bewirkt.
In der Jungschar sangen wir früher oft das Lied: Gott hat einen Platz für Dich, Gott hat einen Platz für mich – stehst Du auf dem Deinen und ich steh auf meinem dann, dann kann viel Großes noch gescheh’n.
Schön, dass Ihr Euren Platz ausfüllt und ein Segen dort seid.


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