Caravan
Hilfsflug ins Erdbebengebiet
Montagmorgen, am 5. März, flogen wir unsere Freunde Gerhard und Brigitte Stamm mit noch einem deutschen Besucher, Norbert, für einen weiteren Buscheinsatz nach April River. Von dort nehmen sie ein Kanu flussaufwärts und wandern den Rest nach Bikaru, um die kleine Gemeinde dort zu besuchen, mit den Menschen mitzuleben, Bibelarbeiten zu halten und seelsorgerliche Gespräche zu führen. Norbert hat einen medizinischen Hintergrund und einen gut bestückten Notfallkoffer dabei, um auch da den Menschen zu dienen.
Mit einem Zwischenstopp ging es zurück nach Mt Hagen und ich war fast fertig, das Flugzeug für den Tag abzuschließen, als Luke, mein Trainingskapitän, auf mich zu kam, dass wir noch einen weiteren Flug machen müssen. Ein Hilfsflug ins Erdbebengebiet nach Muluma und Bosavi.
Mandy hatte gerade noch genug Platz in der Kabine und kam auch mit. Sie hatte den Auftrag die Hilfslieferung mit Fotos und Videos zu dokumentieren. Außerdem sollte sie von den Dorfverantwortlichen herausfinden, inwieweit Menschen aus umliegenden kleinen Dörfern Zuflucht im Hauptdorf des Landeplatzes suchen, wie die Lage vor Ort ausschaut bezüglich der Gärten und des Trinkwassers, ob es Tote und Verletzte gibt.
So starteten wir zu dritt am frühen Nachmittag mit einer voll beladenen Cessna Caravan (C208). Das Flugzeug war beladen mit Trinkwasser in Plastikflaschen, mehreren Säcken mit Reis, Dosenfleisch und -fisch, vier Regenwasser-Sammelbehälter und vier Buschtoiletten. Die Fracht wird dringend benötigt. Das Erdbeben hat die Gärten der Einheimischen zerstört. Die Flüsse sind verunreinig und lassen die Fische sterben. Wassertanks sind zerbrochen und kleine Flussläufe sind ebenfalls verschmutz, die normalerweise zur Gewinnung von frischem Trinkwasser genutzt werden. Buschtoiletten sind kaputt gegangen.
Wir haben Mt Hagen bei sonnigem Wetter und guten Sichtbedingungen Richtung Südwesten verlassen. Unsere Flugroute führte uns nördlich am zweithöchsten Berg von Papua-Neuguinea, dem Mt Giluwe, und der Provinzhauptstadt vom Südlichen Hochland, Mendi, vorbei. Wir flogen so direkt wie möglich zu unserem ersten Landeplatz, Muluma. Die üblichen Nachmittagswolken formten sich schon über den Bergrücken im südlichen Hochland und machten die Navigation zunehmend schwierig. Auf den Funkfrequenzen waren ständig Piloten von mehreren anderen Flugzeugen und Helikoptern zu hören, die von oder nach Moro unterwegs waren. Moro ist ein großer Flugplatz in der Nähe des Epizentrum, der auch von größeren Frachtflugzeugen verwendet wird, die zzt. Hilfslieferungen einfliegen. Helikopter und kleinere Flugzeuge bringen die Hilfsgüter dann zu den vom Erdbeben zerstörten Dörfern. Moro ist außerdem ein wichtiger Versorgungsstützpunkt für das LNG Flüssiggasprojekt.
Wir hatten nicht genug Zeit, um einen See zu erkunden, der sich formte nachdem mehrere Erdrutsche den Hegigio Fluss blockierten. Die größte Angst ist, das sein Damm aus Dreck, Steinen und Baumstämmen plötzlich nachgibt und einen große Flutwelle erzeugt, die alles am Uferrand flussabwärts wegschwemmt. Wir mussten außerdem ein Dorf finden, das angeblich dicht am Fluss liegt und in Gefahr stand überflutet zu werden. In einiger Entfernung entdeckte ich eine kleine Häuseransammlung mit zwei großen Erdrutschen am Dorfrand, welche sehr wahrscheinlich auch Häuser mitgerissen haben. Ich merkte mir die Stelle. Auf unserem Rückweg nach Mt Hagen planten wir einen tiefen Überflug, um die Koordinaten dieses Dorfes zu notieren sodass später ein Helikopter zu den Dorfbewohnern geschickt werden kann.
Die Landung in Muluma war herausfordernd, weil der Westwind am Nachmittag dramatisch zugenommen hatte und starke Turbulenzen im Anflug erzeugte. Die Bewohner von Muluma begrüßten uns, ganz offensichtlich sehr dankbar, dass wir uns auf den Weg gemacht haben. Mandy versuchte einige der Geschichten aus dem Erleben der Menschen zu erfahren, während mein Trainingskapitän Luke Newell und ich die erste Hälfte der Hilfslieferungen ausluden.
Es war schnell klar, das die Dorfbewohner Anweisungen brauchten um die Regenwasser-Sammler und Buschtoiletten aufzubauen. Die Systeme sind sehr einfach, benötigen aber etwas Arbeit und zusätzliches Buschmaterial. Ich bediente mich der melanesischen Art und Weise, wichtige Informationen dreimal zu kommunizieren, damit die Leute auch wirklich verstehen, wie die Systeme aufzubauen sind. Die Regenwasser-Sammler bestehen aus einem Tank und einer quadratischen Plastikplane, die mit einem Sieb am Deckel befestigt ist. Die Plastikplane wird mit vier Holzstäben an den vier Enden hochgehalten und fängt als eine Art Trichter so den Regen auf. Das Wasser fließt dann durch das Sieb in den Tank. Am Boden des Tanks befindet sich ein Wasserhahn, sodass, wenn man das ganze etwas auf einem Podest aufbaut, man einfach einen Eimer oder andere Wasserbehälter füllen kann.
Die Buschtoiletten bestehen aus einem Stahlfass ohne Deckel und Boden und einem Toilettensitz aus Kunststoff. Es muss ein senkrechtes Loch gegraben werden, das Fass hineingestellt und der Toilettensitz obendrauf befestigt werden. Wände und ein Dach aus Buschmaterial, wie z.B. Sagopalmenblätter, runden dann das Stille Örtchen ab.
Nach einem nur 11 Minuten Flug sind wir dann über Bosavi angekommen. Der Westwind war in Bosavi stärker und dazu noch von der Seite. Wir waren nicht sicher ob wir eine Landung versuchen sollten. Wir begannen den Anflug um die bodennahen Winde zu erkunden und entschieden uns, dass es sicher war zu landen.
Die Bewohner von Bosavi erzählten vergleichbare Geschichten wie die Leute von Muluma. Sie waren besorgt, dass der erloschene Vulkan Mt Bosavi explodieren könnte und sie alle sterben werden. Sie wollten nach Norden fliehen um sich in Sicherheit zu bringen. Aber im Norden waren die Berghänge durch das Erdbeben unstabil und das Trinkwasser verunreinigt. Wir drängten sie dazu in Bosavi zu bleiben, damit wir sie mit Flugzeugen versorgen konnten. Wir luden wieder Nahrungsmittel, Trinkwasser, Regenwasser-Sammler und Buschtoiletten aus, und erklärten wie man diese Dinge aufbaut.
Die Zeit war knapp. Wir mussten nach Mt Hagen zurückfliegen, bevor die Nachmittagsgewitter sich entwickelten und einen Flug nach Sichtflug-Regeln erschwerten. Wir starteten in Bosavi und versuchten das Dorf in der Nähe des Hegigio Flusses wieder zu finden, dass wir auf dem Flug nach Muluma gesehen haben. Diesmal flogen wir tief und machten einen Überflug über das Dorf. Wir konnten mehrere Bewohner sehen, die uns zuwinkten. Es sah sogar so aus, als hätten sie bereits einen Helikopter Landeplatz eingerichtet. Es gab keine Lichtung, die für eine Landung einer Caravan groß genug gewesen wäre. Mandy machte so viele Bilder wie möglich, damit unser Erdbebenhilfe-Koordinierungsteam die Bilder im Nachhinein genauer auswerten kann. Es gab zwei große Erdrutsche, die bis dicht an Häuser reichten. Es war unmöglich festzustellen, ob Häuser und Menschenleben durch die Erdrutsche betroffen waren. Vermutlich schon…
Wir stellten schnell die GPS Koordinaten des Dorfes fest und flogen Richtung Mt Hagen weiter. Wir mussten durch das Gebiet fliegen, wo mehrere tief fliegenden Helikopter im Einsatz waren, was unsere höchste Aufmerksamkeit forderte. Riesige Wolkentürme machten die Navigation schwierig und einsetzender Regen zwang uns südlich an den Bergrücken nach Hagen zurückzufliegen.
Mt Hagen begrüßte uns dann mit einem Regenbogen, der über das gesamte Tal am Ende der Landebahn reichte. Welch ein ermutigendes Zeichen Gottes. Trotz aller Not auf dieser Welt ist Er seiner Verheißung treu und steht zu uns Menschen!
Spenden für die Erdbebenhilfe in Papua-Neuguinea:
MAF Deutschland e. V.
Sparkasse Siegen
IBAN: DE77 4605 0001 0001 2658 26
SWIFT-BIC: WELADED1SIE
Verwendungszweck: PG2018-001
Bitte vergesst nicht Namen und Anschrift anzugeben, sodass euch in 2019 eine Zuwendungsbescheinigung ausgestellt werden kann.
HIER auch ein Link zur MAF Deutschland Online-Spende.
Herzlichen Dank!!!