Haus Sik

Sanguma

Hier ein kurzes Update zur Frau mit den Brandverletzungen. Siehe Blogeintrag http://maf-pilot.de/2011/01/gute-planung/
Sie lebt noch!

Naomi, unsere Hausmeri kommt aus dem selben Dorf und hat sie die Tage im Krankenhaus besucht. Natürlich haben wir sie dann ausgefragt, ob sie Details weiß, wie es zu den Verbrennungen an den Gliedmaßen und im Gesicht kam.
Anfangs meinte sie, dass es ein typischer Buschfeuer-Unfall gewesen sei. Die Leute zünden Grasland an, um so die darin lebenden Tiere zur Flucht zu treiben, damit sie sie abschießen können. Trockenes Gras brennt schnell und so kommt es durchaus öfters mal vor, dass Menschen dabei zu Schaden kommen. Diese Geschichte hat sie mir anfangs erzählt.
Claudia hat sie eine andere Geschichte erzählt und auf mein Nachfragen hin, hat sie mirs dann auch noch mal erzählt:
Ihr Vater hätte sie angezündet, um sie umzubringen. Hintergrund: Der Vater des Vaters sei letztes Jahr verstorben und einer der Sanguma-Männer im Dorf gewesen. Nun will auch er in die Fußstapfen seines Vaters treten, und Sanguma ausüben. Damit er die entsprechende Macht bekommt, muss er sein erstgeborenes Kind opfern. Naomi erzählte auch, dass sie den Vater bereits in Wewak gesehen hat und er nach wie vor die Absicht habe, seine Tochter zu töten. Diese ist noch immer im Haus Sik (Kranknehaus Wewak), wo ihre Brandwunden behandelt werden und die Schmerzen mit entsprechenden Medikamenten so niedrig wie möglich gehalten werden.Wir haben gehört, dass die medizinische Versorgung bei Brandwunden hierzulande ganz gut sei, eben weil Verbrennungen so oft vorkommen. Sanguma steht für den Glauben an magische Schadenszauber und -flüche bzw. Geistermacht. Es ist im ganzen Land weit verbreitet. Nicht erklärbare Todesfälle oder Krankheiten, Missernten, Unfälle oder sonstiges wird oft mit Sanguma in Zusammenhang gebracht.Uns warnt man auch immer wieder davor, irgendwelche Schnitzereien mit Masken zu kaufen, weil diese oft „besprochen“ und in Zusammenhang mit Geistern und Zaubereien in den Dörfern verwendet werden. Und ehrlich gesagt, bei manchen auf dem Markt angebotenen Schnitzereien haben wir wirklich ein komisches Gefühl!
Viele Dörfer haben ein Haus Tamburan, also Kultstätten mit Masken und sonstigen Kultgegenständen und Artefakten, das nur für Männer zugänglich ist.Der Lonely Planet Reiseführer wirbt sehr stark für den Besuch eines solchen Haus Tamburan, vor allem im Sepikgebiet. Wir nehmen eher Abstand von diesen Empfehlungen.

Gute Planung

Dies zwar weniger von offizieller Seite, denn MAF Wewak hat gerade mit akuter Unterbesetzung im Office zu kämpfen, sondern gute Planung hinsichtlich des Flugprogramms.Aber eins nach dem andern… ;o) Zuerst einmal: Auch wir sind in 2011 angekommen und wünschen Euch und uns viele gute Erfahrungen im neuen Jahr mit unserm großen Gott und auch untereinander. Danke, dass Ihr auch in 2011 uns die Treue haltet. Ohne eure Unterstützung wär unser Dienst hier nicht möglich! Was gibts also zu berichten aus den ersten Tagen im neuen Jahr? Der letzte Tag im alten und der erste Tag im neuen Jahr wurde genutzt, den Fußboden im MAF Office neu zu streichen. Das bedeutet, alles auszuräumen und auch die gesamte Funktechnik abzubauen. Der 1. Anstrich. Und da die Uhren im Busch anders ticken, die MAF Agenten trotzdem zu den täglichen Radiozeiten am Funkgerät sitzen, wurde der Funk kurzzeitig noch mal aufgebaut, abgefragt und wieder abgebaut. Der 2. Anstrich. Danach durfte alles austrocknen und auslüften und bis am Montag der normale Flugalltag wieder losging, war alles wieder eingerichtet und betriebsbereit. So verbringen unsere Männer die von MAF extra angesetzte Quality Time. Aber während dem normalen Flugbetrieb sind solche Renovierungsarbeiten an der Base einfach nicht machbar. Auch sonst hat Mathias diese Woche mehr Zeit an der Base als in der Luft verbracht, um sich durch die Papierarbeit, Buchungsanfragen und Programmplanung zu arbeiten. Ansonsten ist nur Billi an der Base, ein neuer Mitarbeiter. Ludmer, der sonst für das Flugprogramm zuständig ist, ist noch bis Mitte Februar in seinem wohlverdienten Urlaub im Busch, John kommt er nächste Woche, um Billi einzuarbeiten und Joel ist auch in seinem Dorf und kämpft mit den Widrigkeiten des Alltags dort: Der Bruder seiner Frau wurde ermordet, Kompensation gefordert (2 Schweine, 20 000 Kina und ein Baby-Mädchen ­- letzteres mutet etwas seltsam an…) und rief irgendwann an, dass nun sein Haus brennt. Noch wissen wir nichts weiteres. Martin hat derweil die meisten Flugtage übernommen, außerdem hat die Hagen-Twin Otter einen Teil des Wewak-Programms übernommen. Wo eine Twin Otter ein oder zweimal fliegt, ist ein Airvan den ganzen Tag beschäftigt. 2 Tonnen Baumaterial mussten von A nach B transportiert werden. Flugzeit 10 Minuten. Flugprogramme bei MAF sind sehr flexibel. Gebuchte Passagiere kommen nicht, Leute im Busch bestätigen ihre Flüge nicht und so kann es sein, dass ein voll geplanter Flugtag über Nacht ziemlich zusammenschmelzen kann – oder umgekehrt. Für Mittwoch entwickelte sich alles zu einem kurzen Flugtag nach Tekin für Martin. Gegeb 11 Uhr war er bereits wieder auf dem Boden in Wewak. Perfekt! Denn gleichzeitig kam die ANfrage für einen Medevac aus Timboli, 20 Flugminuten entfernt. Eine Frau mit schweren Verbrennungen am gesamten Körper. Der Krankenwagen wurde bestellt, aber kam leider nicht. So musste die Frau, die im Flugzeug liegend transportiert wurde über den Gepäcktrolly in den MAF Bus gehievt werden, um schnellstmöglich ins Krankenhaus gefahren zu werden. Ca. 5 Minuten Fahrzeit vom Flugplatz.

Zwillinge!

Nachdem ich, Mandy, gestern Morgen auf dem Markt war und mittags noch im Second Hand Laden, bin ich am Nachmittag mit einer großen Tüte Lebensmittel und Wickeltüchern ins Krankenhaus von Wewak gefahren. Das erste Mal…

Ich wollte einfach nach der Familie schauen, die Mathias am Samstag aus Anguganak eingeflogen hatte. Sarah, die Frau eines Basemitarbeiters, entschied sich spontan, mitzukommen – nachdem sie mir zuvor ausführlich erklärt hatte, wo ich parken kann und wie ich die Neugeborenenabteilung finden kann. Ich war ganz froh um ihre Begleitung, denn als wir dann dort waren, hätte ich garantiert einen anderen Weg eingeschlagen, so wie ich ihre Beschreibung vorher verstanden hatte… Als wir kamen, kam uns auch gerade der Vater und die ältere Tochter entgegen. Sie hatten gerade das Essen für die Familie zubereitet. Tanim Saksak und Kumugemüse. Als sie uns erkannten, freuten sie sich und ebenso die Mutter. Sie und die Zwillingen waren wohlauf! Praise the Lord!
Im Zimmer, oder besser gesagt im „Saal“ stand ein Bett am anderen, 10 in auf der einen Seite vom Schwesterntisch, weitere 8 auf der anderen Seite. Und dann ums Eck nochmal 8. Von wegen Privatsphäre! Einige Mütter hatten erst an diesem Morgen entbunden. In der Regel hatte jede irgendein Familienmitglied oder Wantok bei sich. In den Krankenhäusern ist nur die medizinische Versorgung gewährleistet. Verpflegung und Hygiene sind Privatsache. Oft schlafen die Angehörigen dann unterm Bett des Patienten, v.a. wenn es keine ortsansässigen Leute sind. Da wird man schon beschämt, wenn man an die deutschen Krankenversorgung denkt. Beschweren wir uns da nicht oft auf einem viel zu hohen Niveau?
Zurück zu den Zwillingen. Es sind zwei Mädchen. Eines ca. 2 kg, das andere etwas weniger. Namen hatten sie noch keine. Das ist nicht ungewöhnlich für Papua Neuguinea. Manchmal warten die Leute ein Jahr, bis sie ihrem Kind einen Namen geben – als Angst, dass es vorher stirbt. Die Kindersterblichkeitsrate beträgt hier 45,9 auf 1000 Lebendgeburten (in Deutschland 3,99/1000). Ich schaute noch an den Betten der anderen Mütter und Babys vorbei. Alle Kinder relativ winzig im Vergleich zu unseren deutschen „Wonneproppen“. In der Zwischenzeit entschieden sich die Eltern, ihre Mädchen nach uns zu benennen. Also darf ich vorstellen: links das ist Sarah und rechts das ist Mandy. Welch eine Ehre! Leider ist unser Compoundbus auf dem Rückweg vollends kaputtgegangen. Jetzt hoffe ich, ich, dass ich mein Versprechen, wiederzukommen, irgendwie halten kann. Außerdem hoffen wir, dass die Familie noch bis Freitag im Krankenhaus bleiben kann, wenngleich es ihnen bereits jetzt schon recht gut geht. Am Freitag hat Mathias einen großen Baumaterial Charter, aber erst beginnend in Anguganak. Also das Flugzeug leer und bereits bezahlt, sodass die Familie einfach mitkönnte…