Owena

Ein Tag mit der Twin Otter

Letzte Woche Freitag habe ich einen der spektakulärsten Landeanflüge in PNG miterleben dürfen. Als Erster Offizier darf ich diesen Landeplatz zwar leider nicht anfliegen, aber zuschauen und Bilder machen war mit nicht verwehrt. Der Landeanflug führt zwei Minuten im Tiefflug durch ein Tal bis man endlich um eine Kurve biegt und die Landebahn direkt vor sich hat. Wonanara heißt der Landeplatz, an dem wir ca. 600 kg an Fracht absetzen und Passagiere aufnehmen. Dann geht es weiter ins Marawaka-Tal, wo wir den Rest des Tages immer wieder rein- und rausfliegen. Später am Nachmittag werden wir von unserer Base angefunkt und uns wird mitgeteilt, dass wir eine kranke Frau aus Owena abholen sollen. Als wir ins Owena landen, wird die Frau gebracht. Sie kann nicht mehr laufen. Am Abend zuvor wurde sie von einer giftigen Schlange in den Fuß gebissen und wir können sehen, dass die Vergiftung schon weit fortgeschritten ist. Sie muss so schnell wir möglich in ein Krankenhaus, um das Gegenmittel zu bekommen. Der Flugpreis ist von der Baptistenmission bezahlt. Noch vor dem Start in Owena funken wir unsere Base in Goroka an, dass ein Krankenwagen bestellt wird. 20 Minuten dauert der Flug. Der Krankenwagen ist nicht da, als wir landen. Wir vermuten, das die vier Krankenwagen in Goroka als öffentliche Transportmittel unterwegs sind, Mitarbeiter nach Hause fahren oder in sonst einem Auftrag unterwegs sind, der nicht dem ursprünglichen Zweck eines Krankenwagens gerecht wird. Wir entscheiden uns, den MAF-Bus zu nehmen und fahren die kranke Frau mit ihrer Begleitperson selber ins Krankenhaus. Leider wissen wir nicht, wie es der Frau inzwischen geht und ob sie die Nacht überstanden hat.

Buschtelefon

Gestern ging es mit der Twin Otter zu dem kleinen Landeplatz Owena. Und wieder ist es kurz nach acht Uhr morgens, als wir auf der 400 Meter langen Landebahn mit 12 Prozent Steigung aufsetzen. Als wir die Motoren abgestellt haben, kamen einige Einheimische aufgeregt zu unserem Flugzeug gelaufen. Der MAF-Agent, der eigentlich die Fracht und die nötigen Papiere fertig machen sollte, sei nicht da. Er ist gestern zu seinem Garten in den Bergen gegangen, um sich um sein Gemüse zu kümmern. Mein Kapitän ist verärgert. Unser MAF-Agent wusste eigentlich, dass wir heute kommen, denn der Flug war schon seit ein paar Tagen geplant und per Funkgerät bestätigt worden. Die Einheimischen verstehen den Ärger des Kapitäns und werden tätig. Sofort laufen zwei Einheimische an den Rand des Dorfes, das am Hang eines großen Berges liegt. Dann hören wir lautes Rufen in der Stammessprache und wir wissen, dass das Buschtelefon aktiviert ist. Der Einheimische ruft den MAF-Agenten auf der anderen Talseite. Währenddessen sind einige aktive Einheimische dabei, die Fracht aus der Lagerhütte zu holen und zu unserem Flugzeug zu schleppen. Es dauert ein wenig länger, aber dann haben wir doch eine gefüllten Frachtraum und starten zu unserem nächsten Landeplatz Aiyura. Wir kommen noch mehrmals nach Owena zurück, aber schon beim zweiten Mal ist der MAF-Agent aus seinem Garten zurück und liefert uns ordentliche Frachtpapiere ab. Und schon läuft alles so wie gedacht und geplant. Wir konnten dem Dorf mit insgesamt fünf Transportflügen an diesem Tag helfen.

Tag 3 in PNG


Es ist Dienstag, der 4. August. Zum ersten Mal klingelt der Wecker um 6 Uhr. Da gerade Platz im Schulbus ist, dürfen wir mit. Aber nicht, um einen Tag mit den MAF-Kids in der Schule zu verbringen, sondern damit Mathias weiß, wo er morgen zum Fliegerarzt muss. Okay, das ist abgespeichert. Danach machen wir uns startklar für einen kurzen Tripp in die Stadt. Dieses Mal sitzt Mathias selbst am Steuer. Tags zuvor waren wir mit Carmela, einer MAF-Lady in der Stadt. Sie hat uns gezeigt, wo die wichtigsten Dinge zu finden sind. Wir sind erstmal zur Bank, um uns ein paar Kinas, also Geld, zu holen und die Bankkarte vom letzten Einsatz wiederzubeleben. Und da wir pünktlich zur Öffnungszeit da waren, gab es auch keine riesige Schlange wie am Vortag :o). Da man ja als „Waitman“ – als Weißer – doppelt auffällt, wenn man aus der Bank kommt, ist es ratsam, gleich wieder nach Hause zu fahren, damit niemand auf die dumme Idee kommt, einem das Geld, was man sich sehr wahrscheinlich von der Bank geholt hat, gleich wieder abzunehmen… Also sind wir wieder heimgefahren. Vor unserer Tür lagen 3 große weiße Calla – wie nett! Eine einheimische Frau kam dann auch gleich um die Ecke, hat uns freudig in den Arm genommen und begrüßt. Wir vermuten mal, dass das die „Hausmeri“ der anderen MAF-Familien war. Eine halbe Stunde später sind wir zum Einkaufen wieder in die Stadt zu fahren. Wir haben gestaunt, dass man hier sogar Computer mit allem Zubehör kriegen kann. Wir haben uns jedoch damit begnügt, unseren Lebensmittelvorrat etwas aufzustocken. Seit heute müssen wir selbst kochen. Die vergangenen drei Tage waren wir rundherum bei den Goroka-MAF-Familien zum Abendessen eingeladen. Einfach, damit wir Zeit haben, erstmal anzukommen und uns ein bisschen einzurichten – und natürlich, um miteinander zu reden. Pläne sind dazu da, dass man sie ändern kann. Kaum dass wir alles verstaut, etwas Müsli gegessen und unsere Pläne für den Nachmittag diskutiert haben, klopft es an der Tür. Greg, ein australischer MAF-Pilot, der heute eigentlich frei hatte, bot uns einen „Free Ride“ mit der Twin Otter nach Owena an – Abfahrt zum Flugplatz in 5 Minuten! Egal, wir sind dabei! Ein Flug, der eigentlich für den Morgen mit der C206 geplant war, die mit Benzinpumpendefekt nun in Mt. Hagen feststeckte. Diese Cessna sollte außerdem Mandys Tok Pisin Lehrerin und Mathias´ Fluglehrer nach Goroka bringen… Und in Goroka warteten seit dem Morgen zwei Missionare mit ca. 900 Kilo Fracht auf ihren Flug zurück zu ihrer Station. So kam spontan die Twin Otter zum Einsatz und wir durften mit! Für Mathias war das eine gute Gelegenheit, via Kopfhörer vom hinteren Sitz die ganzen Prozeduren der Checklisten für Take off and Landing sowie all die anderen Funksprüche (und Witze…) im Cockpit mittels Kopfhörer mitzuhören. Eine kleine Auffrischung gratis… Owena – das ist die Landebahn, die mancher von euch bei unseren MAF-Präsentationen gesucht hat: mitten im Hochland von PNG, in the middle of nowhere, 400 Meter kurz und mit 12 % Steigung. Das halbe Dorf war natürlich an der Landebahn und Mandy konnte schon die ersten tollen Fotos machen. Auf dem Rückflug bestand die Fracht aus 26 Kaffeesäcken, jeder mit 50 Kilo. Vielleicht wäre Owena ja ein netter Ort für unsere „Bush-Orientation“? – falls wir je eine machen müssen… Gegen 15 Uhr waren wir wieder daheim, hungrig und durstig von all dem, was heute schon war. Die Cessna war mittlerweile auch in Goroka gelandet, die Duncalfs an Bord (Michael soll in den nächsten beiden Tagen Mathias wieder auf der Twin Otter fit machen und Nicki Mandy in Tok Pisin) und eine große Kiste mit Mathias Pilotensachen (Flugkarten, Handbücher, Uniform etc.). So blieb uns eine kleine Pause, schnell was zu essen, bis es ans Lernen und Studieren ging. Irgendwann dann Abendessen kochen und wieder Lernen und Studieren – Mathias studiert die Kommunikationsabläufe zwischen Kapitän und First Officer, Mandy macht ihre Tok Pisin Hausaufgaben. Aber jetzt ist gleich „Missionary Midnight“, sprich 21 Uhr. Zeit, langsam den Weg zum Bett zu finden. Denn morgen klingelt der Wecker noch etwas früher und uns erwartet wieder ein voller Tag. Mathias muss zum Fliegerarzt und wird den restlichen Tag als Flugbegleiter in der Twin Otter mitfliegen. Für Donnerstag ist sein Checkflug geplant, sodass er danach wieder voll einsetzbar ist als First Officer für die Twin Otter. Mandy hat eine Einladung zum „Morning Tea“ mit anderen Missionarsfrauen – das kommt wohl öfters vor ;o) – und dann gehts weiter mit Tok Pisin.