Flugalltag

Noch mal davon gekommen

Gestern waren wir wieder im Marawaka-Tal unterwegs, um von dort Kaffeesäcke nach Aiyura zu fliegen. Boikoa ist ein kleiner Landeplatz in diesem Tal, dessen Landebahn sogar gebogen ist. Bei der Landung muss der Pilot das Flugzeug nach rechts steuern, um in der Mitte der Bahn zubleiben. Beim Start in die entgegengesetze Richtung ist die Kurve nach links. Der Landeplatz liegt parallel zu einem Berghang und ist, abgesehen von der Kurve und einer kleinen Steigung, nicht schwierig. Bei der Landung am Nachmittag hing schon eine kleine Wolke über dem Platz und mahnte uns zur Eile. Es regnete schon, als wir das Cockpit verließen, um den Einheimischen unsere Anweisungen zu geben: vier Kaffeesäcke in den hinteren Frachtraum, 32 Kaffeesäcke in die Kabine unserer Twin Otter und alles so schnell wie möglich. Wir waren so emsig mit dem Einladen der Säcke und dem Ausfüllen der Frachtpapiere beschäftigt, dass wir in 15 Minuten wieder startbereit waren. Kaum saßen wir erschöpft im Cockpit und schauten aus dem Fenster, glaubten wir kaum, was wir da sahen: eine dicke Wolke hatte sich über dem Landeplatz gesenkt und wir konnten kaum 100 Meter weit sehen. Der Kapitän ließ die Motoren an und wir rollten mit viel Lärm der Motoren den Berg hoch zum Beginn der Startbahn. Dort drehten wir rum und standen in Startposition. Da saßen wir nun und warteten darauf, dass sich die Wolke hebt, ein Wolkenloch vorbei kommt oder der Wind den Nebel vertreibt. Nichts dergleichen geschah und nach 15 Minuten stellten wir die Motoren ab, um Treibstoff zu sparen. Mussten wir am Ende dort übernachten? Wir hatten gerade das Cockpit verlassen, um uns jeden Abschnitt der gebogenen Startbahn genauer anzuschauen und das Risiko abzuschätzen, als sich der Nebel genauso plötzlich lichtete, wie er gekommen war. Wir rannten zurück zum Flugzeug, sprangen ins Cockpit und ließen die Motoren an. In weniger als 5 Minuten waren wir glücklich in der Luft und auf dem Heimweg. Da waren wir knapp an einer Übernachtung auf einem Strohlager in einem kalten Bergdorf im Hochland von PNG vorbeigekommen…

Ein Tag mit der Twin Otter

Das war der Donnerstag vergangene Woche: Auf dem ersten Flug hatten wir 14 Passagiere, die wir in Wabo absetzen mussten. Es ist schon länger her, seit ich in Wabo gelandet bin und so staunte ich nicht schlecht, wie sich der einfache Buschlandeplatz entwickelt hat: Inzwischen gibt es ein kleines Terminal mit zwei großen Tischen davor, auf denen das Gepäck der Reisenden kontrolliert werden kann. Insgesamt zählte ich vier Polizisten, von denen einer sogar bewaffnet war. Ich fragte mich, wozu dieser Aufwand. Richard, mein Kapitän, erklärte mir, dass Wabo ein Flugplatz für die Erdöl- und Erdgasgesellschaft ist. Regelmäßig kommen Direktflüge von Port Moresby nach Wabo mit wichtigen Leuten. Deshalb die Sicherheitsmaßnahmen. Nachdem alle Passagiere ausgestiegen waren, flogen wir leer zu unserem nächsten Auftrag weiter: Wir sollten an fünf Flugplätzen Frauen der schweizer Brüdergemeinde einsammeln und zu einem größeren Flugplatz nach Chimbu fliegen. Die Frauen waren unterwegs zu einer Konferenz. In Karimui warteten drei Frauen mit ein paar zusätzlichen Säcken mit Erdnüssen. In Karimui gibt es die besten Erdnüsse und so wunderten wir uns nicht über die Fracht. Leider mussten die Frauen ca. 30 Kilogramm Erdnüsse zurücklassen, weil wir sonst nicht genügend Platz für die anderen Passagiere hatten. Die Flugzeit nach Negabo war nur 5 Minuten und wieder luden wir drei Frauen mit jeder Menge Gepäck ein. Auch hier dasselbe Spiel: Die Erdnüsse waren zu viel und mussten zurückbleiben. Von Negabo wieder ein 5 Minuten Flug nach Talbakul. Wieder drei Frauen, die auf uns warteten und diesmal eine exotische Fracht: ein lebender Vogel in einem Pappkarton mit Luftlöchern. Uns wurde von einer Regierungsbehörde verboten, lebende Vögel zu transportieren – wegen der Vogelgrippengefahr. Die Einheimischen zeigten Verständnis und mussten nicht nur den Vogel, sondern insgesamt 20 Kilogramm Gepäck zurücklassen. Weiter ging die Reise nach Bomai. Wieder drei Frauen mit dem maximalen Reisegepäck von jeweils 16 Kilo. Von Bomai flogen wir um eine große Wolke herum nach Mt. Aue, ebenfalls ein 5 Minuten Flug. In Mt. Aue warteten insgesamt 7 Frauen auf uns und wieder ein paar Säcke Erdnüsse. Unser maximales Abfluggewicht war erreicht und jeder Platz in der Maschine war besetzt. Wir starteten zum letzten Sektor und ich war froh… Noch nie hatte ich in so kurzer Zeit hintereinander ein Briefing für Passagiere in Tok Pisin geben müssen – jetzt kann ich es auswendig 🙂 Was ein Briefing ist? – Vor jedem Start müssen die Passagiere über die Notausgänge, die Feuerlöscher, den Erste-Hilfe-Kasten, sowie über das Nichtrauchen, Ausschalten von Mobiltelefonen und Anlegen von Sicherheitsgurten aufgeklärt werden. Von Chimbu nach Haia hatten wir Baumaterial für ein District Headquater an Bord. Von dort ging es zurück nach Goroka, wobei wir in Mengino noch eine Ladung Kaffeesäcke abgeholt haben. In Goroka wartete noch eine Ladung Lebensmittel, Haushaltsgütern und Passagiergepäck auf uns, die wir nach Karimui fliegen sollten. Sogar ein Fahrrad war dabei. Auf dem Rückweg hatten wir wieder eine volle Ladung Kaffeesäcke an Bord, die für die Kaffeemühle in Goroka bestimmt waren. Damit endete mein Arbeitstag am Donnerstag nach 10,5 Stunden Arbeitszeit.

Schwein gehabt!

Am vergangenen Freitag flogen wir unsere Twin Otter von Mt.Hagen über zwei Zwischenstopps zurück nach Goroka. Ich war diesmal Flugbegleiter und saß in der Kabine. Im Cockpit waren die beiden Twin Otter Kapitäne aus Goroka zugange. Richard hatte die Woche über in Mt. Hagen im Büro gearbeitet und wollte am Freitag wieder zu seiner Familie nach Goroka zurück. Greg kam mit mir zusammen einen Tag zuvor in Mt. Hagen an und musste genau wie ich übernachten, da unser Flugzeug in die Wartung musste und das Ersatz-Flugzeug noch nicht fertig war. So flogen wir zuerst Mt. Aue an und landeten danach in Karimui, ein gut ausgebauter Landeplatz mit viel Kaffeeanbau. Ich vermutete, dass wir Kaffeesäcke einladen würden, aber diesmal lag ich falsch. An der Parkposition wartete eine Gruppe von 11 Passagieren mit einem ganzen Berg an Gepäck. Da es wie aus Eimern regnete, wollte ich das Gepäck so schnell wie möglich in den Gepäckräumen verstauen und die Passagiere auf die Sitze verteilen. Aber alles zog sich in die Länge und ich wurde immer nasser. Die Frachtpapiere mussten ausgefüllt werden, die Flugtickets mussten bezahlt werden und das Übergepäck musste gewogen werden. Einen Teil des Gepäcks fand seinen Platz in der Kabine und wurde dort verzurrt, wo wir die Sitze hochgeklappt hatten. Es war meine Verantwortung, die Passagiere auf die Sicherheitsausrüstung und Notausgänge des Flugzeuges hinzuweisen. Schon bei der Begrüßung der Passagiere fiel mir die außergewöhnlich ausgelassene Stimmung auf. Ich bekam ein fröhliches „Apinun“, was so viel wie „Guten Tag“ bedeutet, als Antwort und jeder hörte aufmerksam den Ausführungen zu. Einige lächelten sogar. Als ich wieder auf meinem Platz in der Kabine saß und den Kopfhörer aufsetzte, konnte ich dem Gespräch zwischen den beiden Piloten im Cockpit folgen und die Puzzleteile setzten sich zu einem Gesamtbild zusammen: Die Passagiere sind Gäste einer Hochzeit und auf dem Heimweg in ihre Herkunftsdörfer. Es stellte sich heraus, dass der Ehemann mit dem Brautpreis ein wahres Geschäft gemacht hat. Von ursprünglich 60.000 Kina für seine Frau konnte er seinen zukünftigen Schwiegervater bis auf 4.000 Kina (ca. 1000 Euro) herunterhandeln und war sehr gerne bereit, ein paar Schweine als Beigabe zu schlachten. Natürlich blieben beim eigentlichen Hochzeitsfest ein paar gekochte Schweineteile übrig und landeten in weißen Kaffeesäcken, eingebunden als Frachtstücke in unserer Kabine. „Schwein gehabt“, dachte ich mir und wünschte mir ebenfalls 30 kg gekochtes Schweinefleisch für unseren Kühlschrank.

Herbstanfang

Pünktlich zum deutschen Herbstanfang solidarisieren wir uns mit euch. Auch hier ist es seit gestern ziemlich trüb und grau. Es regnet gerade täglich, zuweilen gewittert es auch. So kam es, dass Mathias gestern morgen kurz nach 8 Uhr schon wieder daheim war, nachdem sie das Flugzeug für den Tag gecheckt und für den nächsten Start alles vorbereitet haben. Warten hieß es. Warten auf Wettermeldungen von den Landeplätzen, die man anfliegen wollte. Warten auf Wettermeldungen, die eine erfolgreiche Landung ermöglichten. Gegen halb 11 war es dann soweit. Unser erster Landeplatz war Marawaka. Der Flug dorthin war problemlos. Wir flogen zwischen Wolkentürmen, die weitaus höher reichten als wir fliegen konnten. Nach nur 20 Minuten waren wir kurz vor dem Marawaka Tal und suchten nach einem Weg über die hohen Bergkuppen und Gipfel, die das Tal umsäumten. Der normale Eingang, eine Lücke in der Bergkette, war mit Wolken blockiert. Weit und breit sahen wir nur dichte Wolken, aber keine Lücke. Also entschieden wir uns auf die Sicherheitshöhe über die Berge zu steigen und durch die Wolken ins Tal zu fliegen. Unser GPS wies uns den Weg in den Wolken und zeigte uns, wann wir in der Mitte des Tales waren. Kaum hatten wir die hohen Bergrücken hinter uns gelassen, brachen die Wolken auf und wir konnten durch kleine Löcher den Boden des Tales mit dem Marawaka-Fluss sehen. Nach nochmals wenigen Minuten hatten wir eine Stelle erreicht, von der aus wir einen Sinkflug ins Tal wagen konnten. Ein normaler Anflug war nicht möglich, weil Wolken die Sicht versperrten. So wählten wir einen direkten Anflug unter den Wolken. Die Sicht war unter den Wolken klar und gut für eine Landung. Aber wir wollten keine Minute länger am Boden bleiben, wie unbedingt nötig. Die Wolken könnten uns sonst schnell den Abflug unmöglich machen und wir müssten in Marawaka übernachten. Die Aussichten auf eine Nacht in einem Buschdorf waren nicht so besonders rosig. Am Boden angekommen, berichtete uns unser MAF-Agent, dass der Kaffeebesitzer sein Haus zugeschlossen hatte und in seinen Garten gegangen ist. Wir sahen unsere Chance auf einen frühen Abflug schwinden. Der Agent hat eine zweite Ladung mit Kaffeesäcken organisiert, die aber erst noch zum Flugzeug gebracht werden musste. Das bedeutete, dass ca. 35 Kaffeesäcke, von denen jeder ca. 50 Kilogramm wiegt über eine Distanz von 1 km geschleppt werden musste. Wir sahen eine Handvoll Männern mit jeweils einem Sack Kaffee auf dem Rücken über den Landeplatz laufen. Wir sahen die Bemühungen einiger weniger Dorfbewohner, während eine viel größere Anzahl an Buschleuten am Landeplatz stand und dem Schauspiel zusah. Es half nichts. Wir mussten nach 25 Säcken dem Agenten sagen, dass wir nicht länger auf die restlichen Säcke warten konnten. Wir schlossen das Flugzeug und die Frachtpapiere und machten uns startbereit. Wir verließen Marawaka und stiegen wieder in der Talmitte auf unsere Sicherheitshöhe, bevor wir unseren Kurs durch die Wolken nach Goroka setzten. In Goroka angekommen saßen wir erstmal fest. Das Wetter war im größten Teil unserer Region verregnet und unfliegbar geworden. Es gab nur noch zwei kleine Landeplätze, die einen guten Wetterbericht lieferten. Kurzerhand entschieden wir uns ins Flugzeug zu steigen und diese Plätze anzufliegen. Beide Plätze hatten wirklich vergleichbar gutes Wetter und wir konnten beide male Kaffeesäcke nach Goroka fliegen. Am Ende des Tages hatten wir gerade 3,1 Stunden Flugzeit hinter uns gebracht und drei Plätze angeflogen. Normalerweise sind Flugzeiten von 5-6 Stunden pro Tag die Regel. Aber hierzulande beginnt wohl gerade die Regenzeit, das heißt, das Wetter wird unbeständiger, das Fliegen herausfordernder.

Buschtelefon

Gestern ging es mit der Twin Otter zu dem kleinen Landeplatz Owena. Und wieder ist es kurz nach acht Uhr morgens, als wir auf der 400 Meter langen Landebahn mit 12 Prozent Steigung aufsetzen. Als wir die Motoren abgestellt haben, kamen einige Einheimische aufgeregt zu unserem Flugzeug gelaufen. Der MAF-Agent, der eigentlich die Fracht und die nötigen Papiere fertig machen sollte, sei nicht da. Er ist gestern zu seinem Garten in den Bergen gegangen, um sich um sein Gemüse zu kümmern. Mein Kapitän ist verärgert. Unser MAF-Agent wusste eigentlich, dass wir heute kommen, denn der Flug war schon seit ein paar Tagen geplant und per Funkgerät bestätigt worden. Die Einheimischen verstehen den Ärger des Kapitäns und werden tätig. Sofort laufen zwei Einheimische an den Rand des Dorfes, das am Hang eines großen Berges liegt. Dann hören wir lautes Rufen in der Stammessprache und wir wissen, dass das Buschtelefon aktiviert ist. Der Einheimische ruft den MAF-Agenten auf der anderen Talseite. Währenddessen sind einige aktive Einheimische dabei, die Fracht aus der Lagerhütte zu holen und zu unserem Flugzeug zu schleppen. Es dauert ein wenig länger, aber dann haben wir doch eine gefüllten Frachtraum und starten zu unserem nächsten Landeplatz Aiyura. Wir kommen noch mehrmals nach Owena zurück, aber schon beim zweiten Mal ist der MAF-Agent aus seinem Garten zurück und liefert uns ordentliche Frachtpapiere ab. Und schon läuft alles so wie gedacht und geplant. Wir konnten dem Dorf mit insgesamt fünf Transportflügen an diesem Tag helfen.

Zwischenlandung

Waehrend Mathias schon wieder in der Luft ist, sitze ich, Mandy, in der MAF Base in Mt Hagen. Heute morgen ging es fuer uns 7 Uhr in Goroka los Richtung Madang. Von dort flog die Twin Otter mit einer Ladung Baumaterial fuer eine Schule in die Finistere. Fuer einen zweiten Flug hat es leider nicht gereicht, da der Landeplatz gegen 10 Uhr schon in den Wolken lag. Mathias hat auf diesen beiden Fluegen gleich seinen Instrumentenflugberechtigungcheckflug machen koennen :o) Also ging es wieder Richtung Hochland, genauergesagt nach Dusin. Dort wurde das Flugzeug mit Kaffeesaecken beladen. Ich hatte auf meinem Sitz gerade noch genuegend Platz, meine Beine angenehm zu platzieren. Iin der Luft musste ich echt ein paar mal die Luft anhalten und einfach nur staunen ueber die Schoenheit des Landes. Wahnsinn, wie es hier hoch und runter geht und was fuer ein Know how die Piloten haben muessen, sich in diesem zerkluefteten Land und bei den vielen Wolken zurechtzufinden. Mein Flugtag ist fuer heute beendet. Ich warte auf einen Taxiride in die Stadt zu unserm Uebernachtungsquartier. Ein Schweizer Ehepaar… Wir freuen uns auf einen gemuetlichen Abend! Morgen wird Mathias wieder den ganzen Tag fliegen. Das Freitagsprogramm von Hagen. Abends wird er mich und den Chefpilot, der den ganzen Tag Meetings sitzt, wieder einsammeln und zurueck gehts nach Goroka.

Endlich Wochenende!

Mathias hatte wieder Arbeitstage von über 10 Stunden, also ein volles Flugprogramm. Jeden Tag ca. 12 Landungen. Abwechselnd mit dem Kapitän fliegt er jeweils einen Sektor, also vom Start bis zur nächsten Landung. Zur Zeit trainiert Mathias ein besonderes Start- und Lande-Verfahren, das auf den kurzen Buschlandeplätzen angewendet wird. Für das Verfahren muss der Pilot das Flugzeug präzise fliegen und landen können. Da gilt der Spruch: „Übung macht den Meister“. Noch landet Mathias die Twin Otter auf langen Landebahnen, um das Verfahren zu üben. Doch schon bald wird er wieder von seinem Trainingskapitän geprüft und bekommt die Erlaubnis, kürzere Landebahnen anzufliegen. Donnerstag und Freitag haben sich die Verantwortlichen von drei in PNG ansässigen christlichen Flugdiensten in Goroka getroffen, um sich über Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Ziele hinsichtlich der Fliegerei abzustecken: MAF, New Tribes Mission und Wycliff. Mandys Tok Pisin Lehrerin begleitete ihren Mann, der in der Position des MAF-Check- und Trainingspiloten dabei war. So gab es auch für Mandy wieder einiges zu studieren.