Flugalltag

Flugstunden im 1. Halbjahr 2010


Die Zeit von Ende Januar bis Mitte Februar war für die Einweisung in das Sepik-Gebiet reserviert. Beinahe 80 Stunden habe ich zusammen mit Philipp Sutter, einem Schweizer MAF-Piloten und Fluglehrer, in vier Wochen geflogen. Im März, April und Mai durfte ich nur zu wenigen Flugplätzen fliegen um das Gelernte zu festigen und eigene Erfahrungen zu sammeln. Im Juni kam Philipp nochmals um mich in weitere Gebiete einzuweisen. Inzwischen habe ich mehr als 150 Flugstunden allein im Cockpit verbracht und darf seit Mitte Juli ins Hochland fliegen.
Für den laufenden Monat kann ich bereits 45 Flugstunden verbuchen. Wahrscheinlich erreiche ich im Juli wieder das maximale Monatsflugstunden-limit von MAF (80 Stunden).

Es stinkt nach Fisch!



Mathias kam einen Tag später in Wewak an, da er gleich in seine Pilotenuniform einsteigen musste und für die ausgefallene Caravan einen Teil des Flugprogramms übernehmen musste. So musste er eine Nacht in Telefomin verbringen. Auf seinem Flugprogramm stand u.a. eine Gruppe sog. Doktoren, die die Fische sammeln und nach Schweden schicken, um die Wasserqualität der Flüsse zu bestimmen. Nächste Woche sind weitere Flüge geplant, um aus anderen Dörfern noch Fisch- und Wasserproben abzuholen. Warum der Aufwand? In PNG lagern viele wertvolle Rohstoffe wie Gold und Kupfer, die von großen Firmen abgebaut werden und dies zum Teil ohne dass auf die Umwelt und die Menschen in ausreichendem Maße Rücksicht genommen wird: Abfälle, werden in den nächsten Fluss geleitet, dessen Wasser für Menschen und Tiere wirklich Lebenselexier ist. Da ändert die Regierung sogar gern auch mal ein Gesetz, um es den Firmen umweltschutztechnisch leichter zu machen. Hauptsache, es fließt Geld in die Staatskassen oder doch auch in Privatkassen? – Das weiß hier keiner so genau …

2000. Flugstunde

In der letzten Juniwoche konnte Mathias seine 2000. Flugstunde in seinem Logbuch verzeichnen. Natürlich durften an diesem Tag die Erdnüsse in der Vesperdose nicht fehlen ;o) Sekt ist natürlich verboten, im Cockpit wie auch grundsätzlich bei MAF: Wir dürfen keinen Alkohol trinken. Der Juni war außerdem ein absoluter Rekordmonat in Sachen Flugstunden. Mathias überschritt seine maximale Flugstundenzeit und musste den Chefpiloten um eine Erweiterung bitten, damit er wichtige Flüge noch durchführen konnte und auch für spontane Medevacs zur Verfügung steht. Und nun wartet er auf eine Öllieferung aus Mt.Hagen.
So kommt es, dass viele Flüge zzt. nicht stattfinden können und Passagiere irgendwo im Busch festsitzen oder PIM das Lehrergehalt nicht in den Busch schicken kann. Und ohne Gehalt arbeitet hier keiner … Andere Flüge müssen aus Wettergründen abgesagt werden oder weil Flugzeuge aus technischen Gründen ausfallen. Oftmals haben die Menschen im Busch nur die Alternative tagelanger Fußmärsche oder Kanutouren, um von A nach B zu kommen bzw. um Zugang zu medizinischer Hilfe zu haben.

Auf zu den Goldgräbern


Bis unters Dach war die GA8 vollgepackt mit einer Maschine zum Goldwaschen. Auch solche Flüge gehören mit zum Programm, aber subventioniert werden diese Flüge nicht. Mit diesen Flügen verdient MAF Geld, um missionarische Flüge zu unterstützen. Nachdem ich die Goldmaschine in Okisai abgeladen hatte, ging es nach Telefomin, wo ich eine andere GA8 übernehmen und nach Wewak zurückfliegen sollte. Dummerweise war der Schlüssel für das andere Flugzeug nicht auffindbar. Nach einigem hin und her nahm ich den Ersatzschüssel und startete nach Wewak, um dort um 18:07 Uhr zu landen. Genau 7 Minuten nach meiner Landezeitbeschränkung. Wäre kein Gegenwind gewesen, hätte ich es noch geschafft. Aber so musste ich den Chefpiloten davon unterrichten.

Neuer alter Landeplatz


In Brugam ist schon lange kein Flugzeug mehr gelandet, weil das Dorf an die Straße nach Wewak angeschlossen ist. Trotzdem haben wir auf Wunsch der Dorfgemeinschaft den Landeplatz wieder eröffnet und sind dort gelandet. Als Willkommensgeste gab es ein selbstgedichtetes Lied und eine Menge Leute. Selbst die Bibelschüler, Hochschulstudenten und Lehrer haben den Unterricht sein lassen, um unsere erste Landung seit Jahren mitzuverfolgen. Das Dorf möchte den Flugplatz nutzen, um ihre Missionare und Prediger in andere Buschdörfer zu fliegen.

Flugzeug statt Kanu

Hannes und Carolin Wälde sind Missionare von der Liebenzeller Mission. Hannes ist Leiter der Schreinerei in Ambunti. Mitte Juni verlassen die Wäldes nach drei Jahren Ambunti und gehen zurück in den Schwarzwald. Ihr Hab und Gut sollte ursprünglich mit einem Kanu den Sepik hinunter zu dem Ort Pagui transportiert werden, und dann mit einem Lastwagen der Mission nach Wewak. Aber es kam anders… Am vergangenen Wochenende hat in Ambunti ein betrunkener Mann einen anderen Mann aus Pagui mit dem Buschmesser am Kopf schwer verletzt. Die Stammesangehörigen des Verletzten aus Pagui haben das nicht auf sich sitzen lassen und sind mit selbstgebauten Waffen in einem Kanu nach Ambunti gefahren und haben dort für Unruhe gesorgt. Gleichzeitig haben andere Stammesangehörige des Verletzten die einzige Straße am Sepik in der Nähe von Ambunti gesperrt und wollen keinen passieren lassen, der aus Ambunti kommt. Hannes kennt diese Art von Machtkämpfe und weiß, dass es in den nächsten drei Wochen keine Ruhe mehr gibt. Kurzerhand hat er MAF gefragt, ob wir seine Sachen aus Ambunti nach Wewak fliegen können. Das kostet zwar mehr, aber es ist sicher gestellt, dass die Sachen auch ankommen. Da wir am Mittwoch kein Flugprogramm hatten, konnte ich Hannes helfen.

Zwei Flüge waren nötig um 950 kg an Kisten und Fässern zu transportieren.Das gab MAF gleichzeitig die Chance, das Spritlager in Ambunti aufzustocken und Spritfässer von Wewak nach Ambunti zu fliegen.

Zur Feier der Stunde – Erdnüsse im Cockpit

Seit langem hatte Mathias, da er ja nun einziger Wewak-Pilot ist, mal wieder eine volle Flugwoche. Vergangenen Montag gabs den wöchentlichen Hagen-Flug und am Nachmittag gings nach Lumi. Mit an Bord Jim, sein Mitarbeiter und ein kleines Baumkänguruh! Letzteres stak in einem Sack und musste auch in den Cargopot während des Flugs. Aber es war noch ganz munter hinterher.

Mandy war wieder Copilot, da wir uns Lumi und das Baumkänguruh-Projekt mal kurz genauers anschauen wollten. Jetzt wissen wir, dass es insgesamt 165 verschiedene Beuteltiere gibt… Mit unserm nächsten Besuch aus Deutschland wollen wir nämlich mal längers in Lumi bleiben, um noch mehr über die Baumkänguruhs zu erfahren. Die gibt es nämlich nur in Australien und PNG.Jetzt brauchen wir nur noch das OK vom Chefpiloten, dass wir das Flugzeug dort zwei Nächte stehen lassen können.Auf dem Rückflug waren wir allein an Bord und Mathias entschied sich für den Weg entlang der Küste. Auf dem Hinflug sind wir nämlich an einem riesigen Gewittergebiet, dass im Küstengebirge festhing, geflogen. Fünf Minuten vom Flugplatz Lumi entfernt dachten wir alle, dass wir wohl umdrehen mussten. Aber Mathias flog vorsichtig weiter um die Wolken herum und fand tatsächlich eine Lücke, um unter die Wolken zu tauchen. Und siehe da: Lumi war frei, die Wolken standen neben der Landebahn und nicht davor. Und sogar die Sonne schien!Im Rückflug flog Mathias seine hundertste Stunde als GA8-Pilot. Das musste natürlich gefeiert werden und so wurden Erdnüsse vom Kabinenpersonal serviert, was bei den MAF-Flügen eigentlich unüblich ist ;o)Außerdem nutzten wir die Gunst der Stunde, etwas vom direkten Kurs abzuweichen und über die Wewak vorgelagerten Inseln zu fliegen. Wow! Sah das toll aus! Da gibt es noch viele Riffe, die es schnorchelnd zu entdecken gibt!

Medevac


Ich bin zur Zeit sehr beschränkt, was die Routen und Landeplätze angeht, die ich fliegen bzw. anfliegen darf. So kommt es, dass ich derzeit „nur“ ein bis zwei Tage pro Woche fliege. Am Freitag war wieder „mein“ Flugtag. Unter anderem musste junger Bub mit einer Entzündung im Unterleib dringend ins Krankenhaus. Der Junge konnte nicht mehr sitzen, so habe ich ihn auf eine Matte ins Flugzeug gelegt und mit einem Gurt gesichert. Sein Vater hat ihn begleitet.

Offenheit

Mit Philipp Sutter habe ich am Montag noch einen Einweisungsflug auf einer neuen Strecke gemacht: Vanimo – Amanab. Unser Flugzeug wurde von einer Dorfgemeinschaft im Busch gechartert um einen Sarg zu transportieren. Das Mulmige bei diesem Flug war, dass der Sarg aus 4 mm Sperrholz zusammengenagelt war und der Deckel sich einen kleinen Spalt löste. Da kommt schon die Frage, was man sieht, wenn der Deckel ganz abspringt… Sehr beruhigend war die Aussage, dass der Leichnam zusätzlich in einem Sack steckte. Überprüft habe ich das nicht, aber vielleicht hätte ich es sollen…? Von Montag auf Dienstag habe ich in Vanimo übernachtet: Ein einheimischer Missionar der Evangelischen Brüdergemeinde EBC hat uns freundlich empfangen. Eine einfache Bretterbude mit zwei Sofagestellen ohne Sitzauflagen war genug um zusammen zu sitzen und zu reden. Der Missionar hat ein offenes Haus und missioniert unter Indonesiern, die über die nicht weit entfernte Grenze nach Vanimo kommen um Geschäfte zu machen. Hier gibt es für uns Piloten immer eine offene Tür und eine Matratze unter einem Moskitonetz, falls wir einen Rückflug nach Wewak nicht mehr schaffen sollten.

1. Alleinflugtag

Vergangenen Freitag hatte Mathias seinen ersten Alleinflugtag und das war spannend… Mein eigentlicher erster Alleinflug ist noch ein bisschen länger her. Aber am vergangenen Freitag war ich den ganzen Tag ohne Fluglehrer unterwegs. Es ist sehr seltsam, allein im Cockpit zu sitzen. Ich kann mich kaum noch daran erinnern, wie ich vor dreieinhalb Jahren in Deutschland als Privatpilot geflogen bin. Die Fliegerei bei MAF in PNG hat wenig mit der Fliegerei in Deutschland gemeinsam. Es gibt eine Menge mehr Regeln und Standards, für deren Einhaltung ich jetzt allein verantwortlich bin. Da gibt es zum einen die Luftfahrtgesetze von PNG und zum anderen die MAF-Vorschriften. Ich befürchte, dass es noch eine ganze Zeit dauern wird, bis ich mich allein im Cockpit wieder so wohl fühle wie damals als Privatpilot in Deutschland. Meinen ersten richtigen Arbeitstag als GA8-Kapitän begann ich auf einem Flugzeug, dass ich bisher nicht geflogen bin. Es war auch eine GA8, wie mein Trainingsflugzeug, aber ca. ein halbes Jahr jünger. Aber jünger heißt nicht, dass das Flugzeug automatisch besser ist. Schon beim Motorstart gab das elektronische Motoranalysegerät eine Fehlermeldung aus: ein Temperatursensor tut nicht mehr. Nicht besonders schwerwiegend und ich mache weiter. Wenige Minuten später mache ich den Motor-Testlauf, der vor jedem Start vorgeschrieben ist. Ich entdecke eine kleine Unregelmäßigkeit im Zündsystem des Motors, die ich nicht richtig einschätzen konnte. Wieder entscheide ich mich weiterzumachen und rolle auf die Startbahn zum Starten. Während ich rolle, möchte ich Details an die Flugsicherung funken und entdecke, dass meine Funksprüche nur undeutlich bei der Flugsicherung ankommen. Das Maß ist voll und ich breche den Start ab, um zurückzurollen, die Passagiere aussteigen zu lassen und mit Martin zusprechen. Martin hat das Flugzeug noch einen Tag zuvor geflogen. Die Unregelmäßigkeiten sind ihm ebenfalls aufgefallen, aber er hielt es für normal. Trotzdem beschließen wir die Mechaniker in Mt. Hagen anzurufen. Der verantwortliche Mechaniker ist nicht erreichbar, vermutlich in einer Besprechung. Ein anderer Mechaniker hört sich den Bericht an und vermutet eine Kleinigkeit, mit der wir ohne weiteres fliegen können, aber ich soll die Unregelmäßigkeiten beobachten. Ich fliege also zum ersten Mal allein mit einem Flugzeug, dass nicht ganz in Ordnung ist…
Auf meinem Flugprogramm steht ein Passagiertransport von zwei Männern nach Nuku. Im Frachtraum sind medizinische Nachschubpakete für staatliche Gesundheitsposten in Magleri, Edwaki und Wokien, meine nächsten Ziele. Alles muss schnell gehen. Jetzt, da ich allein bin, muss ich Entladen, Papierarbeit und Beladen so schnell wie möglich erledigen. In Lumi hole ich vier Männer ab, die zurück nach Wewak möchten. Wir landen in Anguganak und tanken noch mal ein paar Liter nach, dann geht es nach Wewak. Kurz nach dem Start funkt mich ein anderer Pilot von New Tribes Mission an, dass es in Wewak heftig regnet und er es gerade noch geschafft hat, auf dem Flugplatz zu starten. Mein Flug dauert immer noch 50 Minuten, und so bin ich dankbar für die Meldung aber auch gespannt, wie sich das Wetter in den nächsten Minuten verändert. Es passiert oft in der Regenzeit, dass ein Regenschauer über dem Ziellandeplatz herunter geht und häufig hat es ausgeregnet, wenn wir in der Nähe des Landeplatzes sind. Doch was, wenn es anders kommt? Ich lege mir schon meine Ausweichlandeplätze zurecht und bereite mich auf einen Schlechtwetter-Tiefanflug auf Wewak vor. Aber als es soweit ist, hat der Regen aufgehört und Wewak liegt in der Sonne. So konnte ich die vier Passagiere sanft auf der Piste von Wewak aufsetzen und meinen ersten Alleinflugtag beenden.
Während ich flog, hat Martin weiter mit dem Mechaniker und dem Seniorpiloten über die Unregelmäßigkeiten der Maschine diskutiert. Das Ergebnis war, dass die Maschine nicht mehr im normalen Betrieb eingesetzt werden darf, bis ein Gerät im Motor getauscht oder richtig eingestellt ist. Weil wir Piloten das nicht selber machen dürfen, wird am Montag ein Mechaniker mit Ersatzteilen nach Wewak gebracht, der unser Flugzeug reparieren soll. Die Reparatur soll nicht lange dauern und schon am Nachmittag soll die Maschine wieder bereitstehen. Ich bin gespannt.